Mission Harndrang: Wie sich die Blase und das Urinieren in der Schwerelosigkeit verändern

Der Funkspruch, den der amerikanische Astronaut James Lovell am 13. April 1970 von der Apollo-13-Mission aus sendete, ist legendär: „Houston, wir haben ein Problem!“ Und dieses „Problem“ war lebensbedrohend: Einer der beiden Sauerstofftanks der Raumkapsel war explodiert, der zweite Tank hatte leck geschlagen – es begann ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit, den das dreiköpfige Team am Ende zum Glück gewann..

Astronaut

Im Vergleich dazu ist ein anderes „Problem“, mit dem Astronauten (und ebenso natürlich Kosmonauten und Taikonauten) bei jeder Expedition konfrontiert werden, eher  bescheiden – aber zugleich sehr menschlich: Wie wird in der Schwerelosigkeit eigentlich uriniert? Die Antwort auf diese Frage offenbart spannende Einblicke in die Funktion des Wasserlassens und die Beschaffenheit der Blase.

Welches Fassungsvermögen hat die menschliche Blase?

Das Fassungsvermögen der menschlichen Harnblase ist unterschiedlich. In der Regel beträgt es zwischen 900 und 1500 Milliliter. Bei Frauen fällt die Harnblase etwas kleiner aus, weil sie sich im Bauchraum den Platz mit der Gebärmutter teilen muss. Das ist auch ein Grund dafür, warum bei Männern der Harndrang meistens etwas später einsetzt (bei 350 bis 750 Milliliter), während Frauen oft schon früher die Toilette aufsuchen müssen (bei 250 bis 550 Milliliter). Grundsätzlich kann es aber trainiert werden, dem Harndrang nicht gleich nachzugeben.

Worin unterscheidet sich das Urinieren auf der Erde und im Weltall?

Wer „unten“ auf der Erde ein dringendes Bedürfnis verspürt, hat es – noch dazu als Mann – sehr leicht. Egal, ob auf einer Toilette oder in der freien Natur, plätschert der Harnstrahl in Richtung Boden. Der Erdanziehungskraft sei Dank! Je nach Stärke des Harnstrahls ist sogar ein großer Bogen möglich – von so etwas können Astronauten nur träumen. 

Doch in der Schwerelosigkeit ändert sich beim Wasserlassen viel mehr als nur der Harnstrahl. So fangen die völlig veränderten Rahmenbedingungen bereits damit an, dass sich der Urin auf eine andere Art und Weise in der Blase sammelt. Dazu  muss man wissen, dass die Blase grundsätzlich die Funktion eines Zwischenspeichers hat. Denn aus der Niere fließt nahezu ununterbrochen Harn ab. Ohne funktionierende Blase müsste der Mensch ständig Harn ausscheiden.

Im irdischen Normalzustand wird der Harn beziehungsweise der Urin oberhalb des Blasenhalses gesammelt– und zwar unabhängig davon, ob der betreffende Mensch steht oder sitzt. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Glas, in das regelmäßig Wasser nachgeschenkt wird. Nach und nach füllt sich die Blase, bis der Mensch plötzlich einen Harndrang verspürt und daraufhin zum Wasserlassen schreitet.

Der Harndrang ändert sich bei Schwerelosigkeit

In der Schwerelosigkeit ist das ganz anders. Ohne Schwerkraft kann sich der Urin nicht einfach nach und nach in der Blase ansammeln. Stattdessen wird die Oberflächenspannung der Flüssigkeit zur dominierenden Kraft. Mit der Folge, dass der Urin seitlich an der Blasenwand haftet. Zunächst stellt das kein Problem dar. Problematisch wird es allerdings, wenn sich die Blase auf diese Weise zunehmend füllt. Im Gegensatz zur irdischen Variante gibt es in der Schwerelosigkeit keine verschiedenen, sich langsam aufbauenden Stufen des Harndrangs. Dass es zu einer Entleerung kommen muss, wird stattdessen erst dann bemerkt, wenn die Blase bereits vollständig gefüllt ist – und dann darf auch schon keine Zeit mehr verloren werden. Während ein Mensch auf der Erde das Wasserlassen (auch Wasserlösen/Miktionieren genannt) auch noch eine gewisse Zeit nach dem ersten Harndrang hinauszögern kann, ist das in der Schwerelosigkeit nicht möglich.

Wie gehen Astronauten mit dieser besonderen Herausforderung um?

Bewährt hat sich ein sogenanntes Miktionsprotokoll. In diesem werden die Zeiten festgelegt, zu denen die Blase zu entleeren ist – ganz unabhängig von einem Harndrang. Interessanterweise treten bei Flügen ins Weltall vor allem in den ersten 48 Stunden Probleme auf. Zumeist kann während dieser Umstellungsphase auf die Schwerelosigkeit die Blase nie ganz komplett geleert werden; der medizinische Begriff dafür ist Harnverhalt. Von einem Harnverhalt sind übrigens Frauen häufiger betroffen als Männer. Grundsätzlich legt die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA Wert darauf, dass jeder Astronaut in der Lage ist, sich selbst einen Katheter zu legen. Bei diesem handelt es sich um einen kleinen sterilen Schlauch, der bis in die Blase geschoben wird, um diese vollständig entleeren zu können.

Der Astronaut mit der nassen Hose

Genauso wie bei vielen anderen Dingen haben die Weltraumforscher auch beim Thema Urinieren nach und nach dazu gelernt. So passierte in den Anfangsjahren  auch schon mal ein Malheur. So wurde Alan Shepard 1961 zum „Astronaut mit der nassen Hose“. Denn weil es während seiner gerade mal 20-minütigen Expedition ins Weltall immer wieder zu Verzögerungen gekommen war, hatte er nicht mehr reagieren können, als sich ganz plötzlich der Harndrang bemerkbar machte. So blieb dem Astronautennichts anderes übrig, als in den Anzug zu urinieren.

Eine Folge dieses Vorfalls war eine Neukonzeption der Raumanzüge, in denen sich Harnflüssigkeit sammeln ließ. Beispielsweise wurden spezielle Kondome entwickelt, die mit einer Urinsammelvorrichtung verbunden waren. Ebenso wurden Kleidungsstücke aus  hochaufsaugbarem Material konzipiert, außerdem kamen mitunter Windeln zum Einsatz. Interessant: Bei all diesen Überlegungen spielten Frauen zunächst überhaupt keine Rolle. Zwar hatte die Sowjetunion (UdSSR) bereits 1963 eine weibliche Kosmonautin ins Weltall geschickt, doch in der westlichen Welt blieb die Raumfahrt bis 1983 eine reine Männerdomäne.

Apropos...

Die Sowjetunion benutze ohnehin andere Systeme, um ihren Raumfahrern das Urinieren zu erleichtern. So konnte der Kosmonaut Gherman Titov bei der Mission Wostok 2 (1961) in einen Trichter urinieren, der über einen Saugeffekt verfügte; dadurch wurde der Urin trotz Schwerelosigkeit in einen Sammelbehälter befördert. Auf eine ähnliche Technik setzte die NASA 1969. Für Frauen musste diese später aber noch weiterentwickelt werden, da der ursprünglich auf Männerbedürfnisse eingestellte Sogeffekt nicht ausreichte.

Im Weltall kommt dem Urin aber noch eine besondere Bedeutung zu. So gehört auf der Internationale Raumstation ISS Wasser zu einer der knappsten Ressourcen. Daher überlegte man sich, wie man Wasser aus einem normalen „Regelkreislauf" wiedergewinnen kann. Heute steht eine Technik zur Verfügung, bei der 93 Prozent vom Abwasser wieder aufbereitet und verwendet werden kann. Bei dieser Aufbereitung wird das Abwasser destilliert, gefiltert, oxydiert und jodiert – bis es tatsächlich wieder Trinkwasser ist. Übrigens, dazu eine kleine Anekdote: Während die amerikanischen Astronauten kein Problem damit hatten, ihren recycelten Urin zu trinken, weigerten sich ihre russischen Kollegen. Dies führte in der Folge zu einem kuriosen Tauschgeschäft auf der ISS: Die Amerikaner gaben Solarenergie und erhielten dafür russisches Urin.

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