Gynäkomastie: Die Männerbrust, ein Tabu-Thema

Männerbrust, Männerbusen, Männertitten – allesamt häufig gebrauchte Worte für den medizinischen Begriff „Gynäkomastie“. Die Rede ist von Veränderungen, die sich an der Brustdrüse des Mannes ergeben können. Die Vergrößerung wird als Gynäkomastie bezeichnet und ist meist beidseitig ausgeprägt.

Gynäkomastie: Die Männerbrust, ein Tabu-Thema

Wenn sich beim Mann die Brustdrüsen vergrößern und die Brust eine weibliche Form annimmt, sprechen Ärzte von einer Gynäkomastie. Diese kann sich negativ auf die Psyche des Mannes auswirken. Viele Betroffene, vor allem Jugendliche, empfinden ein ausgeprägtes Schamgefühl und fühlen sich nicht in der Lage, eine Partnerschaft einzugehen. Manchmal klagen sie auch über Spannung in der Brust oder über extreme Empfindlichkeit, wenn die Brustwarzen berührt werden. Starke Schmerzen sind im Zusammenhang mit der vergrößerten Brustdrüse allerdings eher selten. 

Die Gynäkomastie tritt bei 40 bis 70% der Jungen in der Pubertät auf, bei den Erwachsenen sind es 30 bis 50%. Bei bis zu 15 bis 30% der Männer wird die Gynäkomastie fibrotisch. Das bedeutet, dass sich das Bindegewebe verändert. Im Gegensatz zur Gynäkomastie wird bei einer Lipomastie(Pseudogynäkomastie) kein Brustdrüsengewebe vermehrt, sondern Fettgewebe eingelagert.

Wenn Jungen in der Pubertät Brüste wachsen

Es ist ganz normal, dass es bei Neugeborenen kurzfristig zu einem Wachstum der männlichen Brust kommt. Dieses ist häufig durch das Plazentahormon bedingt. In der Pubertät kann eine Gynäkomastie ebenfalls auftreten. Die sogenannte „Pubertäts-Gynäkomastie“ (auch: Adoleszente Gynäkomastie, Jugendlichen-Gynäkomastie) entsteht aufgrund eines Ungleichgewichts zwischen weiblichen und männlichen Geschlechtshormonen. Sie zeigt sich meistens beidseitig, die Brustentwicklung kann sogar der einer Frau ähneln. Die gute Nachricht: Viele Jungenbrüste entwickeln sich später zurück!

Mögliche Ursachen der Gynäkomastie

  • Hormonelle Veränderungen, z.B. eine verminderte Testosteronproduktion oder ein Östrogen-Überschuss
  • Medikamente, z.B. Spironolacton, ACE-Hemmer und Antidepressiva
  • Krankheiten, z.B. eine chronische Leber- oder Niereninsuffizienz oder Brustkrebs
  • Übergewicht / Adipositas
  • Ernährung, z.B. Aufnahme großer Mengen an östrogenhaltigem Fleisch oder viel Bier
  • Drogen
  • Kosmetika mit östrogenhaltigen Substanzen, z.B. Teebaumöl oder Lavendel

Untersuchung und Diagnose

Der Arzt wird zunächst das Gespräch mit dem Patienten suchen, um eine Medikamenteneinnahme oder Alkoholkonsum als Ursache auszuschließen, und er wird die Brust abtasten. Dabei erfolgen eine Einschätzung der Hautqualität, des Ausmaßes der Fibrosierung und eine Überprüfung der Brustfalte. So lässt sich eine echte von der „falschen“ Gynäkomastie (Pseudogynäkomastie) unterscheiden. Ergänzend kann eine Untersuchung mittels Ultraschall erfolgen.

Um die Ursache der Gynäkomastie zu ermitteln, werden nach einer Blutentnahme die Leber-, Nieren- und Hormonwerte untersucht. Teilweise können auch Computertomographien und Röntgenaufnahmen notwendig sein.

Neben der Bestimmung des Hormonstatus und anderer Blutparameter kann unter Umständen auch eine Untersuchung der Hoden ratsam sein. Diese sollten nicht nur optisch betrachtet, sondern auch palpatorisch untersucht werden. Um sicherzustellen, dass keine krankhaften Veränderungen bestehen, bietet sich zusätzlich noch eine Ultraschalluntersuchung an. Sollten Veränderungen im Hoden vorliegen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Kostenübernahme der Krankenkassen sehr hoch.

Nur in den wenigsten Fällen wird eine hormonelle Erkrankung diagnostiziert. Hormonelle Auffälligkeiten können meistens medikamentös behandelt werden. Oftmals führt auch eine Ernährungsumstellung zum gewünschten Erfolg.

Wird mit diesen Therapien keine Besserung erzielt, besteht auch die Möglichkeit, das Brustdrüsengewebe sowie umgebenes Fett operativ zu entfernen (Andromastektomie). Eine Brustkorrektur empfehlen Ärzte normalerweise erst, wenn das Brustwachstum den Mann stark psychisch belastet und/der mit anderen Therapieformen keine befriedigenden Erfolge erzielt wurden.Mögliche Risiken und Nebenwirkungen einer OP sollten mit dem Arzt erörtert werden. Grundsätzlich gilt jedoch: Je früher man die Gynäkomastie behandelt, desto besser.

Operative Therapie bei Gynäkomastie

Die Gynäkomastie beim Mann kann nach eingehender Diagnose unterschiedlich behandelt werden. Eine Möglichkeit ist die Gynäkomastie-OP. Die für Eingriff entstehenden Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen nur in Ausnahmefällen. So muss zum Beispiel im Rahmen einer genauen Diagnose und durch spezielle Untersuchungen sichergestellt sein, dass es sich tatsächlich um eine Gynäkomastie handelt. Es kann sein, dass die Krankenkassen entsprechende Nachweise durch Bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Mammographie (eine spezielle Technik des Röntgens) anfordern.

Die Kosten für die Männerbrust-OP tragen die Krankenkassen nicht, wenn eine sogenannte Pseudogynäkomastie vorliegt, sich also nur Fettgewebe um die Brustwarzen angesammelt hat. Selbst wenn der Mann mit weiblicher Brust großen psychogenen Leidensdruck hat, lehnen Krankenkassen beim Vorliegen einer Pseudogynäkomastie in der Regel die Kostenübernahme ab. In vereinzelten Fällen kann es jedoch sein, dass die Krankenkassen einer Kostenübernahme zustimmen. Allerdings müssen dann entsprechende psychologische bzw. psychiatrische Gutachten vorgelegt werden, aus denen ersichtlich wird, wie groß der Leidensdruck ist. Außerdem sollte aus den Gutachten hervorgehen, welche Kosten durch die Nicht-Therapie entstehen würden. Wichtig ist auch eine hormonelle Abklärung. Beim Nachweis von erhöhten weiblichen Geschlechtshormonen im Blut ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankenkasse die Kosten der operativen Sanierung übernimmt, ebenfalls sehr hoch. Dementsprechend müsste eine entsprechende Laborabnahme bei den Betroffenen erfolgen.

Gynäkomastie: Wie läuft die OP ab?

Der operative Eingriff der Sanierung einer Gynäkomastie, bei dem das vermehrte Brustdrüsengewebe entfernt werden muss, ist ein aufwendiger Eingriff. Daher erfolgt dieser in der Regel in Vollnarkose. Zunächst wird ein halbmondförmiger Schnitt unterhalb des Warzenhofes der Brustwarze (Mamille) gesetzt. Über diesen Schnitt entfernt der Operateur das überschüssige Brustdrüsengewebe. Um auszuschließen, dass eine krankhafte Veränderung – z.B. ein Brusttumor – vorliegt, führt ein Pathologe eine feingewebliche Untersuchung des Gewebes durch. Damit das Wundsekret gut abfließen kann, wird häufig eine Drainage in das operierte Gebiet eingelegt. Auch ein straffer Brustverband ist sehr hilfreich, um postoperativ eine bessere Fixierung der neuen Gewebekontur zu erzielen.

Die Kosten für den Eingriff hängen von seiner Größe und Dauer ab. Wird zusätzlich eine Liposuktion durchgeführt, sind die Kosten höher. Falls die Krankenkasse die Kostenübernahme ablehnt, fallen für den Patienten normalerweise Kosten zwischen 1.500 und 3.500 Euro an. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, ist es ratsam, sich vor dem Eingriff mit dem Operateur über die anfallenden Kosten auszutauschen.

Welcher Arzt ist der richtige?

Andrologen kennen sich auf dem Gebiet der Gynäkomastie gut aus. Aber auch Endokrinologen und die meisten Urologen sollten in der Lage sein, entsprechende diagnostische Maßnahmen durchzuführen. Wenn es dann um den operativen Eingriff geht, sind die Chirurgen gefragt. Es ist ratsam, einen erfahrenen Chirurgen aufzusuchen. Außerdem sollte bei operativen Eingriffen eine Dokumentation mit Vor- und Nachher-Fotos erfolgen.

Pseudogynäkomastie: Wie wird man die Männertitten los?

Im Vorfeld des Eingriffs muss festgestellt werden, wie groß der Anteil an Drüsen- und Fettgewebe ist. Hierzu stehen verschiedene Bildgebende Verfahren zur Verfügung. Liegt eine reine Fetteinlagerung (Pseudogynäkomastie) vor, wird das überschüssige Fettgewebe abgesaugt (Liposuktion). Vor dem Absaugen injiziert der Operateur eine spezielle Lösung in das Fettgewebe. Diese besteht aus einer Kochsalzlösung, die mit Adrenalin und Natriumbicarbonat angereichert ist, und einem Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum). Teilweise wird die Region, wo später das Fett abgesaugt werden soll, auch mit einem Stift auf der Haut markiert. Die injizierte Lösung bewirkt ein Anschwellen der Fettzellen. Das erleichtert das spätere Absaugen. Um die Kanülen einzuführen, müssen kleine Hautschnitte gesetzt werden – möglichst an kosmetisch unauffälligen Stellen. Die Kanülen werden während des Absaugprozesses fächerförmig vor- und zurückgeschoben. Die Vakuumpumpe, mit der die Kanülen verbunden sind, saugt die gelösten Fettzellen ab. Nachdem das gewünschte kosmetische Ergebnis durch die Liposuktion erzielt ist, wird der Hautabschnitt mit Nahtmaterial verschlossen und ein starker Kompressionsverband angelegt. Um die gewünschte Körperform sicherzustellen, muss der Verband meistens mehrere Wochen getragen werden. Bei dieser Technik der Lösungseinspritzung spricht man von der sogenannten Tumeszenz-Technik. „Tumecere“ ist ein lateinisches Verb und bedeutet „anschwellen“.

Eine andere Methode, um die Männerbrust loszuwerden, ist die Rütteltechnik (Vibrationslipolyse). In der Vorbereitung gleicht sie der Tumeszenz-Technik. Allerdings verwendet der Operateur bei dieser Methode eine Vibrationskanüle. Diese schwingt mehrmals pro Sekunde hin und her. Die Vibrationslipolyse kommt vor allem in schwer absaugbaren Regionen zum Einsatz. Häufig ist es auch so, dass die Haut besser strafft, weil im Vergleich zur Tumeszenz-Technik mehr Bindegewebsstränge bestehen bleiben.

Nimmt man nach dem Eingriff wieder zu?

Leider lässt sich durch eine Fettabsaugung nicht verhindern, dass dem Mann nach dem Eingriff wieder Brüste wachsen. Um dem entgegenzuwirken, sollte der Mann nach der OP nicht nur auf seine Ernährung achten bzw. diese gezielt umstellen, sondern auch spezielle Übungen für den Aufbau der Brustmuskulatur durchführen. Diese beeinflussen den optischen postoperativen Eindruck positiv. Mit dem Training sollte man jedoch erst 6 Wochen nach dem Eingriff beginnen – vorausgesetzt, der Operateur hat das Training freigegeben.

Teilweise kommt es nach der Operation auch zu einer Dellen-Bildung. Denn das Unterhautfettgewebe wird durch eine Schicht in oberflächliches und tiefes Unterhautfettgewebe geteilt. Eine Dellen-Bildung ist eher unwahrscheinlich, wenn die Fettabsaugung in den tiefen Unterhautfettschichten erfolgt.

Lässt sich eine Gynäkomastie wegtrainieren?

Ja! Ein gezieltes Ausdauer- und Krafttraining kann zu einer Reduktion des Körperfetts führen. Besonders wichtig ist dabei ein spezielles Brustmuskeltraining. Zum Beispiel sind Liegestütze ideal. Dabei sollte die Brustmuskulatur in verschiedenen Winkeln trainiert werden, etwa indem die Beine auf einem Tisch oder Stuhl oder aber höher als der Oberkörper platziert werden.

Zur Reduktion der Lipomastie sind auch fliegende Bewegungen mit Kurzhanteln hilfreich – sowohl auf der Flachbank als auch auf der Schrägbank im Fitnessclub. Wird ein Kabelzug genutzt, kommt es nicht zu sogenannten „toten Punkten“. Die Verwendung des Kabelzugs hat zusätzlich noch den Vorteil, dass man eine Höchstkontraktion der Brustmuskulatur erreicht. Um noch mehr Spannung aufzubauen, die Hände übereinander kreuzen.

Neben dem körperlichen Training sollte auch darauf geachtet werden, einen erhöhten Körperfettanteil zu reduzieren. Besser als Crashdiäten ist eine langfristige Umstellung auf eine gesunde Ernährung, die dem täglichen Energiebedarf des Körpers angepasst ist. Alkohol und stark gezuckerte Getränke sind zu meiden.

Haben alle Bodybuilder Brüste?

Immer wieder hört man die Frage, warum Bodybuilder häufiger als andere Männer von dem Phänomen der „Männerbrust“ betroffen sind. Es soll jetzt bitte nicht der Eindruck entstehen, dass alle Kraftsportler dopen. Tatsächlich kommt es aber bei Bodybuildern häufig zur Ausbildung von „Männertitten“, wenn diese Anabolika eingenommen haben. Hier liegen zwei unterschiedliche Mechanismen zu Grunde. Nach dem Absetzen anaboler Steroide wird oftmals ein Überschuss an weiblichen Hormonen im Männerkörper gemessen. Daraus resultiert dann die Entwicklung der Gynäkomastie. Aber auch sehr hohe Dosen an Testosteronpräparaten können dazu führen, dass diese über das Enzym Aromatase in Östradiol (ein weibliches Hormon) verstoffwechselt werden. Wenn die Testosteronpräparate über einen längeren Zeitraum genommen werden, steigt dementsprechend auch der Östrogenspiegel. Und das kann langfristig zur Entwicklung und Ausprägung von Veränderungen im Brustbereich führen.

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