Samenstau: Vorwand oder medizinisches Problem?

Das medizinische Problem „Samenstau“ wird von vielen Menschen nicht richtig ernst genommen. Häufig wird es als Vorwand abgetan, den Männern bei ihrem Wunsch nach Geschlechtsverkehr vorschieben. Argumentiert wird dann von Männer-Seite, dass es ohne regelmäßiges Ejakulieren zu gesundheitlichen Problemen im Hoden kommt. Denn im Hoden werden nun einmal ständig neue Spermien produziert – und wenn die „alten“ Spermien nicht regelmäßig Platz machen, droht angeblich ein schmerzhaftes Anschwellen des Hodens.

„Spermien“

Aber ist dem wirklich so? Gibt es bei Männern so etwas wie einen Samenstau?

Zunächst einmal stimmt es tatsächlich, dass im Hoden andauernd – und zwar von der Pubertät bis ins hohe Alter – Milliarden von neuen Spermien produziert werden. Was jedoch die alten Spermien betrifft, muss unterschieden werden.

Zum einen ist ein gesunder männliche Körper recht problemlos in der Lage, ungebrauchte Spermien früher oder später entweder zu resorbieren, also von alleine abzubauen, oder in einem unwillkürlichen Samenerguss auszustoßen (der sogenannten Pollution). Zu einem dauerhaften Rückstau der Samenflüssigkeit kann es also nicht kommen. Es besteht aber sehr wohl die Gefahr, dass Krämpfen in der Muskulatur der Samenwege auftreten.

Pollution - Feuchter Traum

An dieser Stelle erst noch ein paar Worte zur Pollution. Dabei handelt es sich um einen  Samenerguss, der während des Schlafs auftritt, und zwar ohne aktives Zutun beziehungsweise ohne direkte sexuelle Stimulation. Ein solcher unbewusster Orgasmus wird im Volksmund auch als „feuchter Traum“ bezeichnet.

Die Betroffenen bemerken die Pollution, wenn sie passiert, meistens nicht. Erst am nächsten Morgen können entsprechende Flecken an der Unterwäsche oder an der Bettwäsche die Indikatoren dafür sein, dass in der Nacht ein unwillkürlicher Samenerguss stattgefunden hat. Eine Pollution muss auch gar nicht mit einer Erektion einhergehen. Sowohl im Wach- als auch im Schlafzustand sind Männer in der Lage, ohne eine feste Erektion zu ejakulieren. In der Traumphase fehlen in der Regel auch die Kontrollmechanismen, die in der Wachphase sehr wohl im Bewusstsein sind. Eine solche unwillkürliche Ejakulation wird durch Muskelkontraktionen der sogenannten Potenzmuskulatur verursacht, die im Beckenboden verankert ist.

Die vier Geschlechtsdrüsen beim Mann

Interessant zu wissen ist, dass es entlang des männlichen Genitaltrakts mehrere Drüsen gibt, die sogenannten Geschlechtsdrüsen. Diese sind in vier Gruppen zu unterteilen und geben jeweils ein Sekret ab, das sich mit der Ejakulatsmenge vermischt und mit ihr zusammen das Gesamtejakulat bildet. Die Flüssigkeit dient sowohl als Transportmedium als auch als sogenanntes Nahrungsmedium.

Schauen wir uns diese vier Drüsenarten (Oberbegriff: akzessorische Geschlechtsdrüsen) einmal genauer an.

  1. Da wäre zunächst die Vorsteherdrüse, besser bekannt als Prostata. Weil sie die Harnröhre umschließt, macht sich eine krankhafte Vergrößerung der Prostata sehr schnell durch Schmerzen beim Wasserlassen bemerkbar. Prostataprobleme gehören zu den häufigsten Leiden des Mannes im Sexualbereich. Die Vorsteherdrüse ist in etwa so groß wie eine Kastanie.
  2. Die Bläschendrüse wurde früher auch als Samenblasendrüse oder Samenblase bezeichnet, was allerdings irreführend ist. Denn inzwischen haben Studien ergeben, dass diese paarig angelegten Drüsen zwar fast Dreiviertel des flüssigen Sperma-Abteils produzieren, diesen aber nicht speichern können. Die Bläschendrüsen befinden sich direkt neben der Prostata; sie sind im Volumen zwar kleiner als ihr Nachbar, verfügen dafür aber über einen etwa 15 Zentimeter langen, mehrfach gewundenem Gang, der in die Harnröhre mündet.
  3. Auch der Bulbourethraldrüse kommt eine zentrale Funktion zu. Sie produziert ein schleimiges Sekret (Präejakulat), das beim Geschlechtsverkehr als natürliches Gleitmittel dienen kann und deshalb auch „Lusttropfen“ genannt wird. Das Präejakulat wird in der Regel unmittelbar vor dem eigentlichen Samenerguss abgegeben.
  4. Ausgangspunkt für die Samenleiterampulle ist der zwischen Nebenhoden und Harnröhre verlaufende Samenleiter, der die Weiterleitung der Spermien zur Aufgabe hat. In seinem hintersten Abschnitt verfügt der Samenleiter über Samenleiterampullen, bei denen es sich um eingelagerte Drüsenpakete handelt. Und auch diese tragen einen Teil zur Produktion der Samenflüssigkeit bei.

Wenn diese vier akzessorischen Geschlechtsdrüsen über einen längeren Zeitraum nicht durch einen Orgasmus, der mit einer Ejakulation einhergeht, entleert werden, sind diese in der Lage, sich entsprechend selbst zu entleeren. In diesem Fall kommt es zu einer Pollution. Der genaue zeitliche Rahmen, der mit „längerer Zeitraum“ gemeint ist, variiert von Mann zu Mann und hängt letztlich vom individuellen körperlichen Zustand ab. Eine Pollution kann bereits nach wenigen Tagen ausgelöst werden, manchmal auch erst nach mehreren Wochen oder Monaten.

Ein ausbleibender Orgasmus kann zu Krämpfen führen

Wenn eine Pollution noch nicht stattgefunden hat, kann es zu Krämpfen in der Muskulatur der Samenwege kommen. Denn die Samen werden über kleine Kanäle vom Hoden in den Nebenhoden transportiert und dort gespeichert. Wenn an dieser Stelle über einen längeren Zeitraum keine Entleerung stattfindet, kann dadurch ein schmerzhaftes Druckgefühl verursacht werden.

Bräutigams- oder Kavaliersschmerz

Eine besondere Form des Samenstaus ist im Volksbund als Bräutigams- oder Kavaliersschmerz bekannt. Er kann entstehen, wenn es nach einer längeren sexuellen Erregung nicht zu einer Ejakulation kommt. Eine Verkrampfung der Muskulatur der Samenwege sowie ein Aufstauen des Bluts im Penis sind die Folge. Der dadurch ausgeübte Druck auf die Nerven der Samenwege ist zwar aus medizinischer Sicht nicht bedenklich, wird aber als sehr unangenehm empfunden.

Samenstau bei Vasektomie?

Wie verhält es sich bei Männern, die eine Vasektomie bekommen haben? Bei einer solchen Sterilisation wird ja der Samenleiter unterbrochen, die Spermienproduktion in den Hoden erfolgt aber weiterhin. In diesem Fall wandern die Spermien von den Hoden zunächst in den Nebenhoden und von dort weiter in den Samenleiter bis zu der Stelle, an der die Unterbindung der Samenleiter erfolgt ist. Dort kommt es dann zu einem Stau. In der Regel ist der Körper allerdings in der Lage, diese angestauten Spermien gut zu verarbeiten. Sie lösen sich auf und werden über die Lymphwege sowie Blutabflusswege abtransportiert, und zwar in ihren einzelnen Flüssigkeitsteilen beziehungsweise Proteinen- oder kleinsten Teilen. Wenn dieses Resorptionsverhalten oder sogar der Gesamtmechanismus gestört ist, können Männer, die eine Vasektomie erhalten haben, Druckschmerzen in den Hoden haben. Diese können zum Teil so unangenehm sein, dass man die Operation der Vasektomie wieder rückgängig machen muss. Eine sogenannte mikrochirurgische Refertilisierung muss dann erfolgen.

Weitere Symptome für einen Samenstau

Weitere Symptome für einen Samenstau sind ein leichtes Brennen sowie eine Schwellung am Hoden. Aus einem Samenstau kann sich somit – bei Männern, die nicht vasektomiert worden sind  - im schlimmsten Fall eine Nebenhodenentzündung entwickeln. In der Regel sind diese bakteriell bedingt, können aber auch in seltenen Fällen viral bedingt sein. Nichtinfektiöse Nebenhodenentzündungen werden Epididymiden genannt.

Warum kommt es zu einer Epididymitis? Bei einem Samenstau können sich Bakterien, die über die Harnröhre in den Reproduktionstrakt gelangen und nicht durch eine entsprechende Entleerung abtransportiert werden können, vermehren und Entzündungen hervorrufen. Massive Entzündungen mit entsprechenden  Symptomen entstehen zwar erst dann, wenn eine gewisse Bakterienanzahl erreicht worden ist. Aber: Bakterien mögen dieses Milieu und können sich dort sehr gut vermehren.

So verhindern Sie schmerzhafte Folgen

Um einen Samenstau mit seinen schmerzhaften Folgen zu verhindern, sollte beim Auftreten der genannten Symptome schnellstens eine Urologe/Männerarzt aufgesucht werden. Dieser kann feststellen, ob zum Beispiel eine Obstruktionen, also eine Verstopfung oder Verengung von Gefäßen oder Kanälen, vorliegt, wodurch ein Ausscheiden der Spermien verhindert wird.

Ebenfalls schmerzhafte Staus sind in der Prostata und den Bläschendrüsen (Samenblasen) möglich, denn in diesen Geschlechterdrüsen produziert der Körper den größten Teil der Samenflüssigkeit.

Grundsätzlich muss aber auch festgestellt werden, dass sich ein Körper im Laufe der Zeit auf einen bestimmten Rhythmus einstellt, was das Ausscheiden alter Spermien betrifft. Sprich: Wer häufig ejakuliert hat und dann plötzlich damit aufhört, wird in der Regel auch eher mit den beschriebenen Druckschmerzen konfrontiert werden.

Regelmäßiges Ejakulieren beugt vor und hält gesund

Ein regelmäßiges Ejakulieren und somit Ausscheiden unverbrauchter Spermien beugt aber nicht nur dem Samenstau vor. Für gesunde Samenkanäle ist es hilfreich, wenn diese sozusagen „durchgespült“ werden. Denn auf diese Weise können auch Zellreste und Bakterien aus dem Körper transportiert werden, wodurch wiederum das Risiko von Entzündungen gesenkt wird.

Erste wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass es gegebenenfalls einen Zusammenhang gibt zwischen der Entwicklung eines Prostatakarzinoms und einem nicht regelmäßigen Ejakulieren. Es konnte gezeigt werden, dass - bedingt durch das Verbleiben von Zellresten oder von bakteriellen oder viralen Strukturen – zelluläre Veränderungen, die im Verlauf zu einem Prostatakarzinom führen können, angeregt werden. Dies ist aber noch nicht komplett bewiesen.

Nichts desto trotz scheint regelmäßiges Ejakulieren und damit das Durchspülen des reproduktionsmedizinischem Traktes  nicht nur einen Samenstau zu verhindern, sondern wahrscheinlich auch das Risiko der Entwicklung eines Prostatakarzinoms senken zu können. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang allerdings, dass bei der Entstehung eines Prostatakarzinoms sowohl genetische Faktoren als auch diverse äußere Faktoren eine sehr große Rolle spielen. Bei den äußeren Faktoren sind es vor allem eine gesunde Ernährung sowie körperliche Bewegung, mit denen wichtige Beiträge zur Gesunderhaltung des Körpers geleistet werden können. Das häufige Ejakulieren könnte aber zumindest ein Teilaspekt sein. Andere wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass immer wiederkehrende Prostataentzündungen oder auch Prostataschmerzen (Prostatadynie) sowie die sogenannte Prostatitis (sei es eine akute und eine chronische) auch dann vermehrt auftreten können wenn der sogenannte Samenstau vorliegt. Regelmäßige Ejakulationen scheinen auch hier einen positiven Effekt zu haben, so dass es gar nicht zu solchen Erkrankungsbildern kommt beziehungsweise das diese weniger auftreten.

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