Syphilis – eingedämmt, aber noch lange nicht besiegt
Dem Penicillin sei Dank: Syphilis als einst sehr weit verbreitete Geschlechtskrankheit konnte seit Ende der 1970er Jahre eigentlich zunächst ganz gut eingedämmt werden. Doch von einem Sieg kann noch lange nicht die Rede sein – im Gegenteil. Denn seit der Jahrtausendwende steigen die Zahlen auch in Deutschland wieder an. Ein Grund dafür ist, dass Syphilis oft im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion auftritt. Betroffen sind vor allem homosexuelle Männer.
Syphilis gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (STD/STI), bei denen die Übertragung durch Bakterien erfolgt. Kondome bieten einen guten, aber leider keinen umfassenden Schutz. Vor allem diejenigen, die häufig wechselnde Sexpartner haben, sollten grundsätzlich sehr viel Vorsicht walten lassen und Wert auf Hygiene legen. Die mögliche Bildung von kleinen Geschwüren im Genitalbereich müssen als Alarmsignal sehr ernst genommen und so schnell wie möglich von einem Arzt untersucht werden.
Wie gefährlich ist Syphilis?
Bei einer Syphilis-Erkrankung bilden sich zumeist kleine und deshalb oft unterschätzte (oder gar nicht ahrgenommene) Geschwüre am Körper. Werden diese nicht behandelt, breiten sie sich immer weiter aus und können sowohl Organe als auch das Nervensystem schädigen. Schwere chronische Erkrankungen sind deshalb ebenso möglich wie ein geistiger Verfall. Im schlimmsten Fall verursachen die Geschwüre ein Versagen von lebenswichtigen Organen.
Syphilis - wie erfolgt die Übertragung?
In den meisten Fällen wird Syphilis beim ungeschützten Sex (inklusive oral und anal) durch die Schleimhäute übertragen. In selteneren Fällen ist eine Übertragung auch bereits durch Hautkontakt möglich, weshalb speziell bei offenen Wunden erhöhte Vorsicht geboten ist. Auch infizierte Nadeln oder Blutreserven müssen leider immer wieder als Übertragungsherd für Syphilis festgemacht werden.
Syphilis – wer ist besonders gefährdet?
In Deutschland sind es überwiegend Männer, die an Syphilis erkranken. Der Anteil liegt gegenwärtig bei nahezu 90 Prozent. Die meisten Fälle gab es zuletzt in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen zu beklagen. Statistiken zufolge sind vor allem homosexuelle Männer sehr stark von Syphilis betroffen, und zwar besonders in Großstädten sowie Ballungszentren. Dieser Trend lässt sich übrigens auch in anderen europäischen Ländern beobachten.
Syphilis - was sind die Symptome?
Das Tückische an Syphilis ist, dass sich die Krankheit erst bis zu vier Wochen nach der erfolgten Infektion bemerkbar macht. Und selbst dann werden die Symptome oft gar nicht bemerkt, weil sie meistens keine Schmerzen verursachen. Stattdessen kommt es auf der Penisschleimhaut zu kleinen rötlichen Geschwüren. Wer sein „bestes Stück“ nicht regelmäßig inspiziert, kann das leicht übersehen! Achtung: Eine Infektion, die durch Oralverkehr erfolgt ist, führt zu entsprechenden Geschwüren im Mund; wer Anaverkehr praktiziert, sollte entsprechend seinen Anus überprüfen (lassen).
Oft werden die Geschwüre erst dann bemerkt, wenn sie bereits auf eine Größe von mehreren Zentimetern angewachsen sind. Sobald die Geschwüre ein farbloses Sekret absondern, sollte schleunigst ein Arzt aufgesucht werden. Andernfalls drohen die Geschwüre ins Penisgewebe hineinzuwachsen, was zu einer Zerstörung des Gewebes führen kann oder im schlimmsten Fall sogar zu einer Verstümmelung des Penis.
Die Bildung von Geschwüren wird bei Syphilis oft von angeschwollenen Lymphknoten vor allem im Beckenbereich begleitet. Häufig klagen Patienten auch über Gelenkschmerzen und Fieber. Wer glaubt, Syphilis aussitzen zu können, geht ein lebensgefährliches Risiko ein. Zwar bilden sich die besagten Geschwüre oft nach vier bis sechs Wochen von alleine wieder zurück – doch in einer „zweiten Welle“ kann Syphilis erst recht für massive Beeinträchtigungen sorgen: Praktisch alle Lymphknoten schwellen nach und nach zu. Hinzu kommen rote Flecken, die sich im Laufe der Zeit zu Knötchen entwickeln.
Doch die Tücke von Syphilis setzt sich auch nach dieser „zweiten Welle“ noch fort. Selbst, wenn sich nach etwa vier Monaten die Lymphknoten wieder normalisiert und die Knötchen zurückgebildet haben: Ohne Behandlung befindet sich der Erreger noch immer im Körper und kann dort sämtliche Organe sowie vor allem auch die lebenswichtigen Blut- und Atemwege befallen. So ist Syphilis auch noch Jahre nach der eigentlichen Infektion in der Lage, für neurologische Störungen (Lähmung, Demenz) zu sorgen, die meistens irreparabel sind. In einigen Fällen kann Syphilis auch Hautkrebs verursachen.
Syphilis - welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die gute Nachricht ist: Wenn Syphilis frühzeitig erkannt wird, lässt es sich mit einem Antibiotikum (meistens Penicillin) heilen. Die schlechte Nachricht ist: Die Behandlung erfordert Geduld, weil sie mehrere Wochen dauert. Auch alle Sexpartner der vergangenen drei Monate sollten sich untersuchen lassen. Bis der Arzt feststellt, dass die Heilung gelungen ist, muss auf jeglichen Sex verzichtet werden.
Mit Blick darauf, dass Syphilis eine Geschlechtskrankheit ist, die selten ganz alleine daherkommt, sollten sich Betroffene immer auch gleich noch auf weitere mögliche STD/STI untersuchen lassen.
Was ist der beste Schutz vor Syphilis?
„Kondome schützen“ – dieser Leitsatz gilt auch für Syphilis. Einen hundertprozentigen Schutz bieten Kondome allerdings nicht. So kann eine Übertragung beispielsweise auch durch den Kontakt mit nässenden Hautstellen des (Sex-) Partners erfolgen. Auf eine bestmögliche Hygiene sollte zudem beim eventuellen Einsatz von Sexspielzeug geachtet werden.
Grundsätzlich ist zum Schutz vor Syphilis – wie bei anderen Geschlechtskrankheiten auch – zu einer erhöhten Wachsamkeit geraten. Es ist wichtig, optische Veränderungen am Körper und speziell im Genitalbereich möglichst frühzeitig zu erkennen. Gemeint sind hier sowohl dauerhafte Rötungen als auch – konkret Syphilis betreffend – das Bilden von Geschwüren.
Doch selbst wenn äußerlich alles in Ordnung zu sein scheint: Menschen mit häufig wechselnden Sexpartnern wird nach wie vor empfohlen, sich jährlich einem Syphilis-Test zu unterziehen. Denn es kann gar nicht oft genug wiederholt werden: Je früher Syphilis (oder eine andere Geschlechtskrankheit) erkannt wird, desto besser und schneller kann eine Heilung erfolgen.
Begrifflichkeiten: Weitere Namen für Syphilis
Im Laufe der Jahrhunderte, in denen sich Syphilis ausgebreitet hat, kamen immer wieder neue Bezeichnungen für die tückische Geschlechtskrankheit hinzu. Der am häufigsten verwendete Begriff „Syphilis“ tauchte erstmals 1530 in einem Gedicht auf: Der italienische Arzt, Dichter und Philosoph Girolamo Fracastoro erzählt darin die Geschichte eines Schafhirten namens Syphilus. Als sich dieser der Gotteslästerung schuldig macht, wird er mit einer Krankheit bestraft – der Syphilis. Warum Girolamo Fracastoro ausgerechnet diesen Namen wählte, ist nicht bekannt. Im altgriechischen gibt es die Formulierung „syphilos“, die so viel bedeutet wie „Schweine liebend“.
Nachvollziehbarer ist da schon der Name „Lues“, der sehr häufig ebenfalls für Syphilis verwendet wird. Lues kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Unheil“ sowie „Seuche“. Interessant in diesem Zusammenhang: Mediziner unterscheiden verschiedene Arten von Syphilis, für die dann entweder die Bezeichnungen Primäre Syphilis, Sekundäre Syphilis, Tertiäre Syphilis sowie Quartäre Syphilis verwendet werden – oder aber Lues I, Lues II, Lues III und Lues IV.
Weit verbreitet ist für Syphilis auch die Bezeichnung „französische Krankheit“ beziehungsweise „Franzosenkrankheit“ oder „Morbus gallicus“. Hintergrund ist hier der italienische Krieg, der sich zwischen 1494 und 1498 zutrug. Die neue Geschlechtskrankheit, die sich in jener Zeit erstmals großflächig auf dem europäischen Festland ausbreitete, soll von französischen Truppen nach Italien eingeschleppt worden sein. Viele Historiker sind der Meinung, dass sich die Franzosen zuvor wiederum von den Spaniern angesteckt hatten. Und wie war Syphilis damals überhaupt nach Spanien gekommen? Vermutet wird, dass die Krankheit 1492 durch die (spanischen) Truppen beziehungsweise Matrosen des Entdeckers Kolumbus von Amerika eingeschleppt wurde. Interessant: Je nachdem, welchem Volksstamm in der Folge vorgeworfen wurde, die Krankheit in sein Land „mitgebracht“ zu haben, firmiert Syphilis in diversen Teilen Europas wahlweise auch als spanische, neapolitanische, schottische oder kastillische Krankheit. Am weitesten verbreitet ist und bleibt aber „Franzosenkrankheit“. Interessant in diesem Zusammenhang: Viele Seuchenhäuser, in denen Syphilis-Erkrankte früher untergebracht wurden, hießen im Volksmund „Franzosenhäuser“.
Frei von Schuldzuweisungen ist der ebenfalls für Syphilis verwendet Begriff „harter Schanker“. Die Namensdeutung ist in diesem Fall recht einfach: Harter Schanker geht auf den lateinischen Begriff „ulcus durum“ zurück. Ulcus bedeutet Geschwür, und durum beschreibt dieses als „hart“ – und genau ein solch „hartes Geschwür“ ist bei Syphilis meistens das als erstes auftretende Symptom. Der früher im Volksmund oft für Syphilis verwendet Begriff „Lustseuche“ nimmt selbstredend darauf Bezug, dass die Ansteckung meistens beim Sex passiert.
Ursprung der Syphilis nach 600 Jahren endlich geklärt
Historischer Hintergrund: Woher stammt die Syphilis?
Die Syphilis, eine der gefährlichsten sexuell übertragbaren Krankheiten der Geschichte, wurde erstmals im Jahr 1495 in Europa dokumentiert. Sie verbreitete sich rasant während des Italienfeldzugs von Karl VIII. und sorgte für schwerwiegende körperliche sowie geistige Beeinträchtigungen. Doch woher kam diese Krankheit ursprünglich? Eine langjährige wissenschaftliche Kontroverse konnte nun durch eine bahnbrechende Studie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig aufgeklärt werden.
Neue genetische Erkenntnisse zur Herkunft der Syphilis
Ein internationales Forschungsteam analysierte alte Genome von Syphilis-Erregern, die aus archäologischen Knochenfunden in Mexiko, Chile, Peru und Argentinien stammen. Diese Proben sind mehrere Hundert Jahre alt und datieren aus der Zeit vor der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus. Die genetische Analyse zeigt, dass die Syphilis sowie verwandte Krankheiten wie Frambösie und Bejel einer gemeinsamen Erregerfamilie entstammen, deren Ursprung nachweislich in Amerika liegt.
Die Ergebnisse bestätigen somit, dass die Krankheit mit hoher Wahrscheinlichkeit von Südamerika nach Europa gelangte. Vorherige Theorien, die auf Funden von skelettalen Deformationen in Europa vor 1492 basierten, werden durch diese DNA-Daten infrage gestellt.
Globale Verbreitung durch Kolonialismus
Die genetischen Analysen zeigen, dass die Syphilis erst mit der Kolonialzeit und dem transatlantischen Handel eine weltweite Bedrohung wurde. Nach der Einschleppung nach Europa breitete sich die Krankheit unkontrolliert aus, da es damals noch keine wirksamen Behandlungsmethoden gab. Die Forscher betonen, dass die europäische Expansion maßgeblich zur globalen Verbreitung beitrug und so zur Entstehung von Epidemien in vielen Teilen der Welt führte.
Bedeutung der Ergebnisse für die Wissenschaft
Die aktuelle Studie liefert nicht nur neue Erkenntnisse über die Herkunft der Syphilis, sondern zeigt auch, wie wertvoll moderne Genomforschung für das Verständnis historischer Epidemien ist. Die Wissenschaftler planen, weiterhin nach DNA-Spuren zu suchen, um noch ältere Formen der Krankheit zu identifizieren. Dies könnte zukünftig dazu beitragen, andere umstrittene Theorien über die Verbreitung von Infektionskrankheiten zu bestätigen oder zu widerlegen.
Häufige Fragen zur Herkunft der Syphilis
1. Woher stammt die Syphilis ursprünglich?
Die neuesten genetischen Untersuchungen zeigen, dass die Krankheit ihren Ursprung in Amerika hat und erst durch die europäische Kolonialzeit weltweit verbreitet wurde.
2. Wann trat die Syphilis zum ersten Mal in Europa auf?
Die ersten dokumentierten Fälle traten 1495 während des Italienfeldzugs von Karl VIII. auf. Die Krankheit breitete sich rasend schnell über den Kontinent aus.
3. Wie konnte die Syphilis weltweit verbreitet werden?
Durch den transatlantischen Handel und die europäische Expansion gelangte der Erreger in viele Regionen der Welt und löste zahlreiche Epidemien aus.
Quellenangaben:
Barquera R et al. Ancient genomes reveal a deep history of treponemal disease in the Americas. Nature 2024. https://doi.org/10.1038/s41586-024-08515-5.