Hodenbruch – nicht nur schmerzhaft, sondern auch gefährlich

Klein, aber oho: Die Hoden, die sich gut geschützt im Hodensack befinden, sind zwar nur etwa vier bis fünf Zentimeter groß, haben aber gleich mehrere wichtige Funktionen im Körper eines Mannes. Allen voran findet in ihnen die Produktion von Spermien sowie des männlichen Geschlechtshormons Testosteron statt.

Prof. Sommer im OP

Deshalb kommt ihnen vor allem im Zusammenhang mit der männlichen Fruchtbar- und Zeugungsfähigkeit eine entscheidende Rolle zu. Umso wichtiger sind gesunde Hoden. Symptome, die auf eine mögliche Erkrankung in diesem sensiblen Bereich hinweisen, sollten deshalb ernst genommen und im Zweifelsfall immer von einem Arzt untersucht werden. 

Schmerzen in den Hoden können viele Ursachen haben – unter anderem einen Hodenbruch. Rechtzeitig erkannt gibt es gute Behandlungsmöglichkeiten. Wenn ein Hodenbruch allerdings lange unbehandelt bleibt, können weitreichende Komplikationen nicht ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass ein Hodenbruch ohnehin vor allem dann auftritt, wenn ein zuvor erlittener Leistenbruch verschleppt worden ist.

 Was genau ist ein Hodenbruch?

Beim Hodenbruch handelt es sich um eine Sonderform des Leistenbruchs. Dazu muss man wissen, dass bei einem Leistenbruch nicht etwa die Leiste gebrochen ist. Stattdessen kommt es – und zwar im Bereich des Leistenkanals – zu einem Bruch der Bauchdecke. Die Bauchdecke besteht aus Muskeln, Sehnen und Bindegewebe und bildet eine Art innere Hülle. Sobald in dieser Hülle eine Öffnung auftritt (ein Bruch/medizinisch „Hernie“), besteht die Gefahr, dass Gewebe austritt und einen sogenannten Bruchsack bildet. Beim Leistenbruch drückt dieser Bruchsack in den Leistenkanal. Ein Hodenbruch liegt vor, wenn sich der Bruchsack über den im Leistenkanal befindlichen Samenstrang bis in den Hodensack ausdehnt. Ein Hodenbruch wird auch als Skrotalhernie bezeichnet.

Im Bruchsack befindet sich in den meisten Fällen Flüssigkeit. Es können sich aber auch einzelne Schlingen des Darms sich darin verfangen. Akuter Handlungsbedarf besteht, wenn Gewebeteile an der Bruchstelle eingeklemmt werden.

Kleines Bruch-Abc

Zu einem Bruch kommt es bevorzugt an besonders empfindlichen Körperstellen, die aus bestimmten Gründen eine Schwachstelle darstellen. Bei Männern ist dies vor allem die Gehend rund um den Leistenkanal, weil dort außer zahlreichen Nerven auch der Samenstrang verläuft. Fast 90 Prozent aller Leistenbrüche treten bei Männern auf! Vor allem bei Säuglingen kommt es häufig zu einem Nabelbruch, weil nach der Geburt die Bauchwand im Bereich des Nabels noch nicht fertig ausgebildet und somit noch nicht robust genug ist. Oft reicht dann bereits starkes Schreien, um einen Nabelbruch zu verursachen.

Von einem Schenkelbruch sind überwiegend Frauen höheren Alters betroffen. Dieser tritt unterhalb des Leistenbands auf. Außer diesen „äußeren Brüchen“ gibt es auch „innere Brüche“ wie die Zwerchfell- und die Treitz-Hernie.

Wie macht sich ein Hodenbruch bemerkbar?

Das Tückische an Brüchen ist, dass sie sich oft gar nicht durch markante Symptome bemerkbar machen. Häufig kommt es zunächst nur zu einer weichen Vorwölbung am Körper. Inwieweit ein Bruch Schmerzen verursacht, hängt davon ab, wie groß die „gebrochene“ Stelle in der Bauchwand ist und wie der besagte Bauchsack nach außen tritt. Möglich, dass er dies tut, ohne besondere Schmerzen zu verursachen – möglich aber auch, dass Gewebeteile eingeklemmt werden, was sehr große Schmerzen hervorrufen kann. In einem solchen Fall muss sofort ein operativer Eingriff erfolgen, weil durch das Einklemmen keine Blutzufuhr mehr zu den durchgebrochenen Gewebeteilen möglich ist.

Weil bei einem Hodenbruch bereits eine recht große Ausdehnung des Bruchsacks stattgefunden hat, geht dies fast immer mit dauerhaften Schmerzen einher. Beim Hodenbruch erfolgt außerdem eine Vergrößerung des Hodens. Ein weiterer Grund also, regelmäßig seinen Intimbereich zu pflegen und zu beobachten, um mögliche Veränderungen schnell feststellen zu können.

Weitere Begleiterscheinungen eines Hodenbruchs sind Irritationen des Darms (Durchfall oder Verstopfung) sowie allgemeines Unwohlsein. Wer einen Bruch erlitten hat, fühlt sich auch oft abgeschlagen. Zu einem Druckgefühl in der von einem Bruch betroffenen Körperregion kommt es manchmal auch nur in bestimmten Situationen: bevorzugt dann, wenn die Bauchdecke einer besonderen Belastung ausgesetzt ist. Das kann ein Niesen oder Husten sein, als Klassiker gilt auch das Heben eines schweren Gegenstands. Dies dürfte auch die Ursache für die weit verbreitete Formulierung sein, wonach sich jemand „einen Bruch gehoben“ hat. In den meisten Fällen bringt dieses Heben aber lediglich das zuvor bereits randvoll gefüllte Fass zum Überlaufen. Die Schwächung der Bauchwand ist also oft schon zuvor erfolgt.

Hodenbruch: Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt?

Zunächst die schlechte Nachricht: Ein Bruch – egal, ob Leisten-, Narben- oder Hodenbruch – kann nicht von alleine abheilen. Die gebrochene Stelle in der Bauchwand kann nur mit Hilfe eines operativen Eingriffs wieder geschlossen werden. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Bruch-OPs gehören zum Routine-Repertoire praktisch aller Krankenhäuser. Jährlich werden in Deutschland gut 300 000 solcher Operationen vorgenommen – Bruch-OPs zählen somit bei Männern zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen überhaupt.

Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Operationstechniken. Bei kleineren Brüchen ist ein minimal-invasives Vorgehen (Schlüsselloch-Technik) möglich. Hat die Hernie bereits ein größeres Ausmaß erreicht, muss die Operation „offen“ erfolgen. Bei der Operation wird zunächst der Bruchsack wieder an seinen angestammten Platz in der Bauchhöhle gebracht. Anschließend wird die durch den Bruch entstandene offene Stelle in der Bauchwand geschlossen. Dies erfolgt entweder durch Nähen oder – bei größeren Lücken in der Bauchwand – durch das Einbringen eines Netzes aus Kunststoff (Liechtenstein-Methode). Mitunter wird ein Netz auch zusätzlich zum Nähen eingebracht, weil die strapazierte Bauchwand dadurch stabilisiert wird.

Kleinere Brüche können manchmal sogar bei lediglich örtlicher Betäubung operiert werden. Bei größeren Einbrüchen ist zwar eine Vollnarkose erforderlich, doch selbst in diesen Fällen kann der Patient meistens bereits nach ein bis zwei Tagen stationärer Behandlung schon wieder entlassen werden. Wichtig ist, dass der operierte Bereich noch mehrere Wochen geschont wird. Allen voran muss schweres Heben vermieden werden. Beim Husten und Niesen sollte eine Hand schützend auf die operierte Stelle gelegt werden.

Hodenbruch: Was sind Risikofaktoren?

Grundsätzlich gilt: Das Risiko, einen Bruch zu erleiden, steigt mit dem Alter. Als weitere Risikofaktoren gelten Vor-Operationen in der jeweiligen Körperregion, durch die es bereits zu einer Schwächung der Bauchdecke gekommen ist. Ebenso können sich Über- aber auch Untergewicht negativ auf die Stabilität der Bauchdecke auswirken. 

Weil Leistenbrüche auch im Zusammenhang mit einer erektilen Dysfunktion stehen können, gilt hier – sozusagen in beide Richtungen – eine besondere Aufmerksamkeit. Wer von Impotenz betroffen ist, sollte dennoch aufmerksam seinen Intimbereich auf etwaige Verwölbungen hin beobachten. Und wer einen Leistenbruch erlitten hat, sollte sich mit möglichen Risikofaktoren beschäftigen, die auch eine erektile Dysfunktion hervorrufen können. Bei einem Hodenbruch ist insofern besondere Vorsicht geboten, weil er zum Beispiel durch eine Krebserkrankung (Prostatakrebs) hervorgerufen werden kann. Auch eine Hodenverdrehung kann zu einem Hodenbruch führen.

Hodenbruch: Wie lässt er sich vermeiden?

Den 100-prozentigen Schutz vor einem Bruch gibt es nicht. Wer allerdings bereits einige Risikofaktoren aufweist (allen voran sind dies das Alter und das männliche Geschlecht), sollte in einigen bestimmten Lebenssituationen eine besondere Vorsicht walten lassen. Das gilt beispielsweise für schwere körperliche Arbeit, aber ebenso für den täglichen Stuhlgang: Auch durch zu intensives Pressen kann ein Bruch verursacht werden. In diesem Zusammenhang ist eine ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Obst, Gemüse) wichtig. Auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1,5 bis 2 Liter am Tag) ist zu achten.

Grundsätzlich gut für die Gesundheit ist es, auf sein Körpergewicht zu achten. Durch Übergewicht werden nicht nur die Gelenke und das Herz-Kreislauf-System einer überproportionalen Belastung ausgesetzt, sondern eben auch die (angespannte) Bauchdecke. Außer einer gesunden Ernährung ist deshalb auch immer regelmäßige Bewegung wichtig. Zu empfehlen sind schonende Sportarten wie Nordic Walking, Schwimmen oder auch Radfahren. Weniger geeignet sind Sportarten, bei denen zusätzlicher Druck auf die Bauchdecke ausgeübt wird – dies ist bei verschiedenen Disziplinen der Leichtathletik der Fall oder auch beim Bodybuilding.

Wer bereits weiß, dass bei ihm ein erhöhtes Bruch-Risiko vorliegt, kann dem meist mit einem gezielten und spezifischen Bauchmuskeltraining entgegenwirken. In welcher Intensität dies im Einzelfall am sinnvollsten ist, sollte vorher aber mit einem Arzt abgeklärt werden.

Hoden – welche Erkrankungen gibt es noch in diesem Bereich?

Hodenverdrehung

Sehr schmerzhaft ist eine Hodenverdrehung (Hodentorsion). Dabei verdreht sich mindestens ein Hode am Samenstrang um seine Längsachse. Wenn eine Hodenverdrehung nicht sofort behandelt wird, kann es im schlimmsten Fall zu einer Unterbrechung der Blutversorgung kommen. Das Hodengewebe kann dann absterben. LINK

Hodenentzündung

Viren und Bakterien, die möglicherweise über den Samenstrang in den Hoden gelangen, können eine Hodenentzündung (Orchitis) auslösen. 

Hodenkrebs

Beim Blick auf sämtliche Krebserkrankungen hat Hodenkrebs einen eher geringen Anteil. Bei jüngeren Männern – unter 40 Jahre – hingegen stellt Hodenkrebs eine der häufigsten Krebsarten dar. Rechtzeitig erkannt lässt sich ein Hodenkarzinom aber gut behandeln.

Krampfadern am Hoden

Vor allem junge Männer sollten ihren Hodensack regelmäßig auf mögliche optische Veränderungen beobachten. Das Bilden von Krampfadern verursacht nämlich keine Schmerzen – kann aber im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen, wenn keine Behandlung erfolgt.

Unfruchtbarkeit

Schädigungen des Hodengewebes können zu einer Unfruchtbarkeit führen. Aber auch Veränderungen am Nebenhoden bzw. am Samenleiter führen zu solchen Störungen. Hier können spezifische mikrochirurgische operative Eingriffe, wie bspw. Refertilisierungsoperationen indiziert sein. 

Hodenatrophie

Beispielsweise durch Durchblutungsstörungen des Hodens oder durch sonstige Gewebsschädigungen kann es zu einer Hodenathropie, also absterben von Hodengewebe, dementsprechend einer Verkleinerung des Hodens kommen. Wenn die sogenannten Leydig-Zellen betroffen sind kann eine Hodenatrophie auch dazu führen, dass der Testosteronwert, Testosteron ist das Königshormon des Mannes, im Blut gesenkt wird. Das kann dann zu Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Libidoverlust und Erektionsstörungen, um einige Symptome zu nennen, führen.