Sexualität und Harninkontinenz bei Frauen

Die Harninkontinenz ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Sexualstörung. 

Man unterscheidet die Belastungsinkontinenz (Urinverlust bei Husten, Lachen, Niesen) von der Dranginkontinenz (Urinverlust bei starkem Harndrang). Unfreiwilliger Urinverlust wirkt sich bei etwa der Hälfte der betroffenen Frauen negativ auf die Sexualität aus. Etwa ein Drittel der betroffenen Frauen klagt über Lustlosigkeit und fast die Hälfte der Frauen leidet unter Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Oft entsteht der unfreiwillige Urinverlust durch eine Beckenbodenschwäche nach Kindsgeburten, durch Gewichtszunahme oder mit zunehmendem Alter.

Auch der Blasen- oder Gebärmuttervorfall wirkt sich störend auf die Sexualität aus. Hier lässt sich mit Beckenbodentraining gezielt eine deutliche Verbesserung und Stärkung des Beckenbodens und damit auch eine Verringerung bzw. Vermeidung des Urinverlusts erreichen. Neben dem Beckenbodentraining, welches die betroffenen Frauen selbst durchführen, gibt es auch die Möglichkeit einer Elektrostimulation der Muskulatur durch einen kleinen Kegel oder auch das Training mit Hilfe einer Vibrationsplatte/Vibrationsstuhl. Wir haben auch die Möglichkeit, mit Hilfe von Medikamenten die Inkontinenz zu behandeln. Vor allem die Dranginkontinenz lässt sich mit einer medikamentösen Therapie oft gut behandeln. Der Blasen- oder Gebärmuttervorfall macht gelegentlich einen operativen Eingriff notwendig.

Koitale Inkontinenz: Wenn der Sex quasi „ins Wasser“ fällt

Es passiert Frauen, und übrigens auch Männern, gar nicht mal so selten, dass beim Geschlechtsverkehr unkontrolliert Urin abgeht – ein Thema, das ungern bei der Ärztin oder beim Arzt angesprochen wird.

Ungefähr jede fünfte Frau bemerkt beim Geschlechtsverkehr (Koitus) Inkontinenz-Zeichen. Interessanterweise tritt die Koitale Inkontinenz (KI) bei ungefähr 75 Prozent der betroffenen Patientinnen während des Orgasmus auf. 50 Prozent der Patientinnen berichten, dass bei ihnen auch schon während der Penetration Urin abgeht. Die Koitale Inkontinenz ist jedoch bei weitem nicht nur ein „Frauenproblem", auch Männer können davon betroffen sein.

Grundsätzlich ist es wichtig, die Art der Inkontinenz bzw. des Harnverlustes genauestens zu differenzieren. Dies gilt natürlich auch für das männliche Geschlecht. So kann beispielsweise eine überaktive Blase (ÜAB) ursächlich sein. Auch eine sogenannte Stress-Inkontinenz, bei der Urin infolge eines erhöhten Drucks in der Bauchregion entweicht, kann zu einer KI führen. Risikofaktoren sind Fettleibigkeit, mehrere Kindergeburten auf natürlichem Wege (Multiparität), Operationen in der unteren Beckenregion – wie zum Beispiel die Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) – und der sogenannte Vaginalprolaps (Scheidenvorfall), bei dem sich die Vagina krankhaft nach außen stülpt.

Viele Männer, die unter Koitaler Inkontinenz leiden, hatten eine Prostata-Operation. Infrage kommen aber auch die Ursachen, die für das weibliche Geschlecht gelten. Ebenso liegt häufig eine Verletzung von Nerven im Beckenbereich vor. Oder der Beckenboden ist schwach: Hier helfen ein spezielles Beckenbodentraining oder ein Training des äußeren Schließmuskels.

Ein unangenehmes Thema, doch es gibt viele Therapie-Optionen

Der unkontrollierte Verlust von Urin während des Geschlechtsverkehrs ist vielen Betroffenen sehr unangenehm. Statt das Gespräch mit dem Partner bzw. der Partnerin zu suchen und einen Arzt aufzusuchen, um möglichen Ursachen auf den Grund zu gehen, üben sich viele Betroffene lieber in sexueller Abstinenz – auch wenn die Lust eigentlich da ist. Es kann aber auch sein, dass das sexuelle Verlangen nachlässt: Schon der bloße Gedanke an den Urinverlust beim Liebesakt lässt die Libido auf der Strecke bleiben. Beide Verhaltensmuster tragen nicht gerade zu einer positiven und in jeder Hinsicht erfüllenden Beziehung bei.

Die gute Nachricht: Koitale Inkontinenz ist in den meisten Fällen behandelbar – sowohl bei Männern als auch bei den Frauen. Die Bandbreite an Therapieoptionen ist groß. Sie reicht von Medikamenten, die die Blasenmuskulatur positiv beeinflussen, über gezieltes Beckenbodentraining bis zu operativen Eingriffen. Wie immer in der Medizin ist es jedoch wichtig, vor der Therapie eine genaue Diagnose zu stellen.

Exkurs: die Ejakulation der Frau

Kommen wir noch einmal zu den Frauen zurück. Die weibliche Ejakulation (Squirten) ist ein wissenschaftlich interessantes Untersuchungsfeld, in dem es noch viel erforschen gibt. Gleich mehrere Studien haben sich zuletzt mit Frauen beschäftigt, die während des Orgasmus squirten. Einige von ihnen haben gezeigt, dass es sich bei dem abgesonderten Sekret in der Hälfte der Fälle nicht um Urin handelt. Die andere Hälfte hat Urinabsonderungen ermittelt.

In einer Studie beispielsweise wurde die Blasenfüllung der ejakulierenden Probandinnen mittels Ultraschall bestimmt, und zwar vor und nach dem weiblichen Orgasmus. Hierbei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Blasenfüllung reduziert war. Dies bestätigte den Verdacht, dass es sich bei dem abgesonderten Sekret um Urinabgänge handelt. Andere Studien gehen davon aus, dass Drüsen, die sich nahe der Harnröhre befinden, das weibliche Ejakulat absondern. Denn auch die Frauen haben eine Prostata.

Die Praxis zeigt übrigens, dass Frauen teilweise squirten, ohne es zu merken. Ob gewollt oder aus Versehen: Die weibliche Ejakulation sollte Frauen nicht peinlich sein. Im Gegenteil: Einige Männer betrachten das „feuchte Finale“ als Beweis für ihre Qualität als Liebhaber.

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